"Rein ins feuchte Element!"

Der Hamburger Kinderarzt Dr. Gritz* war für die Zeitschrift "Kindergesundheit" bei der Schwimmschule zu Besuch....

Erst mal die Schuhe ausziehen!
Mitten im hügeligen Naturgarten der Anscharhöhe in Eppendorf liegt ein lichtdurchfluteter Schwimmpavillion. Aus kaltem Winterwetter stolpere ich über Batterien kleiner Moonboots und Stiefel in den mollig warmen Vorraum.Junge Muttis schauen dem Gewimmel im Wasser bei einem Milchkaffee zu. Irritiert fragen Sie, ob ich denn auch schwimmen lernen möchte....

Der "Mark Spitz vom Nedderfeld" versteht es, den Kleinen die Angst vorm feuchten Naß zu nehmen. "Ich mache nichts mit Druck..." gibt er zu verstehen. "Ansporn und Lob genügen, um die Kinder spätestens in der zweiten oder dritten Stunde ins Wasser zu bekommen." Und wenn die Nachwuchsschwimmer am Ende des Kurses stolz ihr Seepferdchen überreicht bekommen, ist die Freude schon vorprogrammiert.

Die erste große Mutprobe: "Wer springt vom Turm?" Gesagt getan! Schon flitzt eine Horde Kinder zum Sprungturm. Jedoch bedürfen einige des Zuspruchs ihres großen Vorbildes. Fiedler nutzt die Freude am Springen, um die Kinder an das Tauchen zu gewöhnen. "Cornelia..., was willst Du denn noch mit diesen dicken Schwimmringen?" Schnell tauscht Fiedler sie gegen dünnere aus, deren Auftrieb gleich "null" ist – die Kleine aber noch psychisch trägt. Morgen wird sie das erste mal ohne Ringe schwimmen.

"Cornelia,...komm doch mal zu mir,.....büttööö!!" Eine Stimme, dröhnend wie das Krümelmonster, übertönt Quietschen und Kreischen von einem Dutzend Kindern zwischen 4 und 6 Jahren. Sie gehört Jürgen Fiedler, einem schnauzbärtigen Athleten, der sich zwischen drahtigen kleinen Kinderleibern tummelt. Cornelia ist neu in der Runde und hat noch Angst vorm feuchten Naß. Fiedler drängt nicht, sondern schnappt sich einen dunkelhaarigen Winzling aus dem Kinderknäuel....

Und aus einer anderen Ecke des Schwimmbeckens dröhnt es gleich, das ist Jerk Fiedler, der seit über zehn Jahren schon in der Schwimmschule mitmischt.

Sollten Babys mit ins Wasser genommen werden?
Fiedler ist dafür, aber ihm kommt es nicht darauf an, daß sie unbedingt schwimmen lernen: "Das können sie ja auch gar nicht — es sei denn, man richtet ihre gesamte motorische Entwicklung auf dieses Ziel aus."
Vom 6. Lebensmonat an darf man die Kleinsten mit ins 33 Grad warme Wasser nehmen, was übrigens auch zu Hause in der Wanne geschehen kann. Später mit 8-10 Monaten halten sie sich gut mit Ringen über Wasser. Auch das ist noch kein Schwimmen.
Aber es macht Spaß und fördert ihre Bewegungsfreude.

Spielerisch den Ernstfall üben:
Viele Kinder sterben jährlich den Ertrinkungstod. Den meisten könnte ihr Schicksal erspart bleiben, denn Schwimmschulen gibt es überall. Fiedler läßt die Kinder winterlich gekleidet ins Wasser springen, um ihnen die Scheu vor dem Schwimmen mit voller Montur zu nehmen. Es ist gar nicht so schwer, denn Kleidung hat ihren eigenen Auftrieb.

Sind Schwimmer intelligenter?
Vor Jahren wurde das behauptet. Fiedler sieht es anders: "Eltern, die mit ihren Kindern zum Schwimmunterricht gehen, befassen sich auch sonst intensiver mit ihnen. Und es liegt nahe, daß Zuwendung jeglicher Art die Intelligenz fördert."

6 Wochen dauert ein Kurs. 3 mal in der Woche (Dienstag, Donnerstag und Freitag) schwimmen die Kinder jeweils 40 Minuten.

*(Ex- Präsident der Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Heute Ehrenmitglied)